Der Forststeig Elbsandstein

Die Trek­kin­g­rou­te wur­de im April 2018 eröff­net. Sie ermög­licht es Besu­chern in den Mona­ten April bis Okto­ber, meh­re­re Tage grenz­über­schrei­tend durch die Wäl­der an der Gren­ze der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land und der Tsche­chi­schen Repu­blik zu wan­dern. Unter­wegs ist es mög­lich, in Trek­king­hüt­ten und auf Biwak­plät­zen des Sach­sen­forst sowie bei tou­ris­ti­schen Part­nern zu über­nach­ten. Auf der tsche­chi­schen Sei­te liegt ein öffent­li­cher Cam­ping­platz direkt an der Rou­te. Der Forst­steig Elb­sand­stein ist eine anspruchs­vol­le Trek­kin­g­rou­te für geüb­te, tritt­si­che­re und gut aus­ge­rüs­te­te Wan­de­rer. Sie führt mit einer Län­ge von 100 km in 7 Etap­pen durch ein­zig­ar­ti­ge Land­schaf­ten der säch­sisch-böh­mi­schen Schweiz.

Wander-Erlebnis-Bericht vom Forststeig

Noch vor den Som­mer­fe­ri­en pre­digt der Deutsch-Leh­rer in einer sei­ner zahl­rei­chen Epi­so­den, dass der Mensch Still­stand nicht ertra­gen kann, han­deln muss und wir dar­um, wenn wir unsi­cher sind, ein­fach machen und uns über­ra­schen las­sen sol­len was und wie es passiert.

Genau das haben wir gemacht – mei­ne Freun­din und ich haben die Som­mer­fe­ri­en genutzt, um aus einer spon­ta­nen Idee ernst zu machen:

Wir wol­len uns dem ca. 105 km lan­gen Forst­steig in der säch­sisch-böh­mi­schen Schweiz stel­len. Die 2018 eröff­ne­te Trek­kin­g­rou­te ist für 6–8 Tage aus­ge­schrie­ben, geplant haben wir die­se für fünf Tage, das Ziel jedoch schon am vier­ten Tag erreicht.

Wie ist der Forst­steig und kön­nen wir die­sen wei­ter­emp­feh­len? Beglei­te uns auf unse­rem klei­nen Aben­teu­er und erfah­re es:

Die Rei­se beginnt am Bahn­hof Pir­na, von dort fah­ren wir mit dem Zug bis Schö­na. Dabei genie­ßen wir die ers­ten Ein­drü­cke unse­rer hei­mi­schen Fel­sen­welt. Die ers­ten Mit­rei­sen­den ver­las­sen uns in Rathen, die Bas­tei­brü­cke scheint für sie inter­es­san­ter, wohl eher ent­spann­ter. Wir fah­ren wei­ter bis zur End­sta­ti­on, wel­che wir 13:30 Uhr errei­chen. Mei­ne Freun­din und ich gehen Rich­tung Unter­füh­rung, wel­che uns direkt zum Ein­stieg des Forst­stei­ges lei­tet. Jetzt gibt es kein Zurück mehr. Bei leich­tem Regen und Nebel schul­tern wir unse­re Ruck­sä­cke und lau­fen ein­fach los. Dabei stel­len wir schnell fest, dass 13–15 kg Gewicht auf dem Rücken ver­dammt schwer sind. Wir fra­gen uns, wie wir die enor­me Last 100 km ertra­gen sol­len. Lan­ge Zeit sind wir die ein­zi­gen auf den idyl­li­schen, im Nebel mys­tisch wir­ken­den, schma­len Pfa­den. Kurz vor der tsche­chi­schen Gren­ze tref­fen wir dann die ers­ten Fern­wan­de­rer an. Mit unse­rem flot­ten Tem­po haben wir die­se schnell über­holt und abgehängt. 

Wir müs­sen uns ran hal­ten, denn es lie­gen noch 13 km vor uns. An einem klei­nen Bach machen wir kurz Rast und erfri­schen uns. Als Nächs­tes geht es zum Gro­ßen Zschirn­stein, der ers­te Aus­sichts­punkt; auf dem Weg begeg­nen uns zwei Rehe. 

Auf­grund des zu stei­len und schlam­mi­gen Gelän­des erobern wir die­sen ohne Gepäck. Oben ange­kom­men erwar­tet uns der Blick in eine fas­zi­nie­ren­de Nebel­wand – toll! Es geht zügig wie­der run­ter und wei­ter auf Tritt­bret­tern durch sump­fi­ges Gebiet. Schnell ist klar, dass der Forst­steig wirk­lich ein Steig ist. Wir schla­gen uns durch meter­ho­hes Gebüsch und unse­re Kräf­te nei­gen sich lang­sam dem Ende. Der Weg schlän­gelt sich nun ent­lang der Gren­ze und so nut­zen wir die vor­han­den Grenz­stei­ne als Zwi­schen­zie­le und Motivation.

Unter dem Ruck­sack­ge­wicht lei­dend kämp­fen wir uns noch bis zur Trek­king­hüt­te „Wil­lys Ruh‘“ durch und sind über­glück­lich als wir die­se end­lich errei­chen. Wir haben Glück, denn es ist nur ein Paar dort somit gibt es noch genü­gend freie Kapa­zi­tä­ten. Das liegt dar­an, dass alle ande­ren Trek­ker sich auf dem Zschirn­stein-Biwak oder Tau­ben­teich-Biwak, der Grenz­bau­de oder Hasel­maus­bau­de nie­der­ge­las­sen haben. Da Mon­tag ist und viel an die­sem Wochen­tag die Tour star­ten, sind die­se Unter­künf­te dem­entspre­chend über­füllt. In einem extra Zim­mer las­sen wir uns völ­lig erschöpft nie­der. Nach einer kur­zen Pau­se wird die Abend­mahl­zeit zube­rei­tet. Gestärkt fal­len uns dann um 21 Uhr die Augen zu.

Am nächs­ten Mor­gen erwar­tet uns die höchs­te Erhe­bung, der Hohe Schnee­berg. Wir star­ten unse­re 28 Tages­ki­lo­me­ter ent­spannt um 9:30 Uhr. Schnell stär­ken wir uns noch mit einer Tur­bo-Bana­ne und schon geht es los. 

Zunächst ist der Weg recht flach, wir kom­men gut vor­an. Kurz vor dem Auf­stieg wird noch­mal eine kur­ze Pau­se ein­ge­legt. Die Ruck­sä­cke set­zen wir zwi­schen­durch immer wie­der ab, um unter der Last nicht zusam­men­zu­bre­chen. Anschlie­ßend wid­men wir uns dem kur­zen, aber kna­cki­gen Anstieg auf den Hohen Schnee­berg. Auf­grund des wei­ter­hin reg­ne­ri­schen Wet­ters begrüßt uns wie­der eine edle wei­ße Wand. Glück­li­cher­wei­se sind heu­te schon mehr Forst­steig­be­ge­her unter­wegs mit denen wir uns auch kurz unter­hal­ten; das hält uns bei Laune. 

Das heu­ti­ge Ziel ist die Kamp­hüt­te. In Ost­rov geht es an den Tis­sa­er Wän­den vor­bei in Rich­tung Hellendorf. 

Durch unse­ren deut­li­chen Vor­sprung ist es nun recht ein­sam auf den Wegen. Mei­ne Freun­din und ich unter­hal­ten uns ab und zu, dann läuft jeder wie­der still für sich. Die Stre­cke zieht sich, unse­re Schu­he sind völ­lig durch­nässt, der Ruck­sack drückt auf den Schul­tern. Wir wol­len nur noch ankom­men, den Ruck­sack, unser bes­ter Freund, in die Ecke stel­len und essen. Essen ist das Zau­ber­wort, das uns immer wie­der motiviert.Nach gut sie­ben Stun­den lau­fen haben wir es dann end­lich geschafft. Die Kamp­hüt­te ist schon gut gefüllt, doch wir fin­den einen Platz. Kurz nach unse­rer Ankunft kommt auch schon der Hüt­ten­wart vor­bei und kon­trol­liert die Trek­king­ti­ckets. Wir stel­len unse­re nas­sen Schu­he zu den ande­ren an den bereits ange­feu­er­ten Kamin. Danach las­sen wir uns Nudeln und Toma­ten­sup­pe schme­cken. Wir legen uns zei­tig schla­fen, schließ­lich müs­sen wir Ener­gie für den nächs­ten Tag tanken.

Nach einem sehr erhol­sa­men Schlaf früh­stü­cken wir gemüt­lich und star­ten wie­der ganz ent­spannt um 9:45 Uhr. Das heu­ti­ge Ziel ist die 20 km ent­fern­te Rot­stein­hüt­te. Zunächst führt uns der Weg wirr von einer Sei­te der Bie­la zur ande­ren, den Hang hoch und wie­der run­ter ohne dabei eine Aus­sicht mit­zu­neh­men, was im Grun­de sehr scha­de ist, da es sich ange­bo­ten hät­te. Für uns hat der Ver­lauf des Weges an die­ser Stel­le jeden­falls kei­nen Sinn erge­ben, da man immer unter­halb der Fel­sen geblie­ben ist. 

Der Weg führt uns wei­ter einen extrem stei­len Hang hin­auf, der die Waden zum Bren­nen bringt. Irgend­wann, nach etli­chen Schrit­ten, errei­chen wir die Grenz­plat­te und machen Rast. Die Pau­se tut wirk­lich gut. Nach einer Wei­le Aus­sicht genie­ßen set­zen wir wie­der die Ruck­sä­cke auf, es geht wei­ter. Die Rou­te ver­läuft jetzt flach, sodass die rest­li­chen 8 km rela­tiv leicht sind. Wir haben die Hälf­te des gesam­ten Forst­stei­ges hin­ter uns – das motiviert.

Unser Mit­tag­essen genie­ßen wir dies­mal an einer abge­le­ge­nen Bus­hal­te­stel­le in Rosen­thal. Nach­dem der Tank wie­der gefüllt ist sprin­ten wir förm­lich die letz­ten 5 km bis zur Rot­stein­hüt­te. Das letz­te Stück sind die Wege dann wie­der äußerst ver­wun­der­lich, sodass man drei­mal über­legt, ob der Weg wirk­lich da lang führt. Doch so bleibt es span­nend und abwechs­lungs­reich. Was erwar­tet uns in der nächs­ten Kur­ve? Ab und zu nervt es zwar auch mal mit dem gro­ßen, schwe­ren Ruck­sack durch Schlamm­pfa­de oder hüft­ho­hes Gras lau­fen zu müs­sen, wo es doch ein­fa­che Wege drum her­um gibt.

Wir sind dies­mal schon um 16 Uhr am Schlaf­platz. So nut­zen wir die Zeit, um unse­re Fla­schen an einer nahe­ge­le­ge­nen Quel­le auf­zu­fül­len. Mit uns sind noch zwei wei­te­re Fami­li­en vor Ort. Wir stär­ken uns wie­der mit Qui­noa und Nudeln in Sau­ce und bekom­men zusätz­lich noch die Res­te vom super lecke­ren Risot­to der bei­den Fami­li­en. Es wird sich noch ein wenig unter­hal­ten und dabei stel­len wir fest, dass die meis­ten Trek­ker auf­grund der vie­len sinn­lo­sen Wege tat­säch­lich ein­fach abkür­zen und sich ihre eige­ne Rou­te kre­ieren. Für uns kommt das jedoch nicht in Fra­ge, wir wol­len den Forst­steig kom­plett von Anfang bis Ende durchlaufen.

Zu Beginn des letz­ten Tages steht noch der Plan nur bis zum neu­en Quirl-Biwak zu lau­fen. Die Moti­va­ti­on hält sich in Gren­zen, doch das ändert sich bald. Wir zwin­gen uns Por­ridge und Hir­se­brei run­ter und star­ten als Erstes. 

Wir stau­nen, denn schon bald errei­chen wir die Aus­sichts­punk­te Katz­stein und Spitz­stein, die im Mor­gen­licht traum­haft erschei­nen. Nach einem klei­nen Anstieg geht es wie­der berg­ab und wir ent­schei­den uns gemein­sam, den Forst­steig schon heu­te zu been­den. Trotz dass die Tages­ki­lo­me­ter jetzt auf 40 km gestie­gen sind, sind wir hoch moti­viert; plötz­lich geht die Post ab! Heu­te ist es deut­lich wär­mer, die Son­ne lacht, doch die Hit­ze macht uns zu schaf­fen. Es geht glück­li­cher­wei­se erst mal bergab.

An der Bie­la fül­len wir die Trink­fla­schen wie­der auf und schon geht es auf den Bern­hard­stein und dann ab ins Laby­rinth. Dabei stö­ren wir kurz die Dreh­ar­bei­ten für „Der Ran­ger“. Im gut gefüll­ten Fel­sen­la­by­rinth machen wir anschlie­ßend Mit­tags­pau­se und schlem­men im Tru­bel wie jeden Tag ein paar Nudeln. Gestärkt bre­chen wir dann zum Quirl auf.

Der Anstieg geht noch­mal ordent­lich in die Kno­chen. Wie heißt es so schön? Kei­ne Gna­de für die Wade! Wir wer­den mit einem wun­der­vol­len Blick auf die Fes­tung König­stein belohnt. Da die Zeit drängt, lau­fen wir zeit­nah wei­ter. Ab Kilo­me­ter 30 wird es hart für uns, sehr hart. Die Hit­ze drückt und der Weg zieht sich end­los. Wir haben das Gefühl kei­nen Meter vor­wärts zu kom­men. Es ist scha­de, dass die Rou­te nicht wie der Maler­weg über den Pfaf­fen­stein führt, denn das wäre zusam­men mit der Bar­ba­ri­ne ein super High­light zum Schluss.

Für uns geht es auf Wegen wie im Nir­gend­wo wei­ter zu den drei letz­ten Aus­sichts­punk­ten dem Goh­risch, Papst­stein und Klein­hen­ners­dor­fer Stein. 

Wir sam­meln unse­re letz­ten Kräf­te, fokus­sie­ren unser Ziel und lau­fen, lau­fen und lau­fen. Vie­le Meter Forst­weg, Trep­pen und Stu­fen spä­ter fin­den wir uns an einem merk­wür­di­gen Pfad wie­der, der uns den ein oder ande­ren Sturz schul­det, da wir mit der locke­ren Erde am Hang weg­rut­schen. Die­sen Weg hät­te man locker umge­hen kön­nen. Wir sind jeden­falls froh als wir end­lich pünkt­lich zum Son­nen­un­ter­gang auf gepflas­ter­tem Weg die letz­ten Meter Forst­steig berg­ab gehen dür­fen und nach 10h purem wan­dern am Limit end­lich unse­re Füße zur Ruhe legen kön­nen. Wir haben es geschafft – 105 km und ca. 3000 hm in 4 Tagen!

Wir fin­den, dass der Forst­steig eine net­te Trek­kin­g­rou­te ist, die einem die Schön­heit der link­s­el­bi­schen Fel­sen­welt näher bringt. Fern­ab der Städ­te und Dör­fer kann man wun­der­bar die fast unbe­rühr­te Natur genie­ßen. Auf den eigen­wil­li­gen Pfa­den, die ein Steig so an sich hat, ist man mehr oder weni­ger auf sich allein gestellt. Bei der Rou­ten­wahl bekom­men sogar Stamm­gäs­te der Säch­si­schen Schweiz hun­dert­pro­zen­tig neue Ein­drü­cke. Die Aus­stat­tung sowie der Zustand der Trek­king­hüt­ten und Biwak­plät­ze ist top und defi­ni­tiv lobens­wert. Wir sind der Mei­nung, dass die Tour tech­nisch nicht schwer ist, jedoch anspruchs­voll in Kon­di­ti­on und Tour-Pla­nung, da der gesam­te Pro­vi­ant mit­ge­nom­men wer­den muss.

Emp­feh­len kön­nen wir die Tour jedem, der ein ein­drucks­vol­les Natur­er­leb­nis und Mikro­aben­teu­er sucht, das nicht viel kos­tet, per­sön­li­che Grenz­erfah­rung bie­tet und in Deutsch­land ein­zig­ar­tig ist.

Autor Vivi­en­ne Höhne